Keine Umzingelung im “Fall der Fälle” in Hannover

VON FELIX HARBART
 
Für die hannoversche Polizei brachte der Tag der guten Nachricht auch einen emotionalen Widerstreit mit sich. Zum einen war man bemüht, die Bestätigung des Demonstrationsverbots für die Neonazis durch das Verwaltungsgericht Hannover bescheiden zu loben. Zum anderen aber mussten sich die Beamten sehr bald wieder dem zuwenden, was nunmehr als "Fall der Fälle" firmiert: einer höherinstanzlichen, nachträglichen Genehmigung des rechten Aufmarsches.
Noch am Tag vor dem Gerichtsentscheid hatte der Unmut von Polizeipräsident Uwe Binias gegenüber Hannovers DGB-Chef Sebastian Wertmüller die Diskussion um den 1. Mai beherrscht. Dessen eindeutiger Aufruf zu Blockadeaktionen komme "der Vorbereitung einer Straftat sehr nahe", hatte Binias kritisiert. Seit Wochen liegt Wertmüllers Plan einer "Umzingelungsaktion" der vorerst abgewendeten Nazi-Demo wie ein Schatten über dem Verhältnis zwischen Polizei und DGB.
Gestern nun trafen beide Seiten zu  einem lange geplanten Gespräch zusammen – und unter Beteiligung ihres Dezernatsleiters Einsatz und Verkehr, Knut Lindenau, sorgte die Polizei für klare Fronten im Bezug auf Wertmüllers Planspiele. Man habe dem DGB-Chef zu verstehen gegeben, dass im Falle einer Demo ZOB-seitig der Bahntrasse durch die Innenstadt keine Veranstaltungen genehmigt werden könnten. Im Klartext heißt das, dass Wertmüller seine drei Kundgebungsveranstaltungen rund um den Omnibusbahnhof streichen muss – auch wenn die Polizei Wert auf die Feststellung legte, kein formales Verbot ausgesprochen zu haben. Für die von Wertmüller selbst angemeldeten Veranstaltungen hatte zuletzt vor allem grüne Politprominenz aus Bund und Land ihre Teilnahme zugesagt.
Nach HAZ-Informationen hat Wertmüller unterdessen auch innerhalb des Gewerkschaftsbundes nicht die uneingeschränkte Unterstützung aller Mitglieder. Dem Vernehmen nach ist es zwischen ihm und den Vertretern von Einzelgewerkschaften zu Auseinandersetzungen darüber gekommen. Vorerst kündigte Wertmüller an, der DGB werde trotz der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes seine Planungen weiter vorantreiben.
Klare Kante zeigen will die Polizei auch beim heutigen sogenannten Blockadetraining, das die Gruppe "Avanti" für heute Nachmittag am ZOB angekündigt hat. Man werde die Veranstaltung, die offiziell als "antifaschistisches Straßentheater" angemeldet ist, sofort auflösen, sollte es sich tatsächlich um eine Übungsaktion für Demonstrationsblockaden handeln, sagte ein Polizeisprecher. Auch die "szenische Darstellung" von Blockaden wurde den linken Gruppen untersagt.
Die "Avanti"-Aktivisten empfinden das als "schwerwiegenden Eingriff in die politische Willensbildung" und "Kriminalisierung von Formen des politischen Protestes". Man werde die Veranstaltung trotzdem durchführen, sagte ihr Sprecher Martin Kramer. "Aber eben in veränderter Form."
 
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