HAZ: Polizei rügt DGB-Aktionen gegen Nazis

Binias: Geplante Veranstaltungen heizen die Stimmung gefährlich an / OB stellt Kampagne vor

VON FELIX HARBART

Im Vorfeld eines möglichen Neonazi-Aufmarsches am 1. Mai in Hannover tragen Polizei und DGB einen offenen Konflikt um mögliche Protestaktionen gegen die Demonstration aus. Gestern schlug Polizeipräsident Uwe Binias ungewöhnlich scharfe Töne gegenüber DGB-Chef Sebastian Wertmüller an, indem er sagte, der Aufruf der Gewerkschaften zu sogenannten Blockadetrainings komme „der Vorbereitung einer Straftat sehr nahe“. Mit solchen Aktionen werde Gewaltbereitschaft geschürt und die Stimmung in der Stadt auf gefährliche Weise angeheizt. Wertmüller selbst zeigte sich von den Anwürfen „überrascht“. Er betonte, der DGB rufe nur zu angemeldeten und genehmigten Veranstaltungen auf.
Hintergrund des Streits ist die vorgesehene „Umzingelung“ der geplanten, jedoch mittlerweile verbotenen Neonazi-Kundgebung auf dem ZOB. DGB-Chef Wertmüller hat drei Veranstaltungen rund um den Platz angemeldet, zu denen auch grüne Politprominenz wie Ex-Parteichef Reinhard Bütikofer und Landtagsfraktionschef Stefan Wenzel erwartet wird. Linke Gruppen rund um das Netzwerk „Avanti“ planen gleichzeitig Blockadeaktionen, mit denen sie einen Aufmarsch der Neonazis verhindern wollen. Am Wochenende soll hierfür ein weiteres „Blockadetraining“ stattfinden.
An diesen Aktionen ist der DGB offiziell nicht beteiligt, verweist allerdings auf seiner Internetseite auf sie. Dadurch stelle Wertmüller als Anmelder der drei Kundgebungen infrage, „ob er seiner Pflicht nachkommen werde, auf einen friedlichen Verlauf hinzuwirken“, sagt Binias. Pikant ist dieser Vorwurf auch deswegen, weil der Polizeipräsident Ähnliches den beiden Anmeldern der Nazi-Demo unterstellt hatte. Daraufhin tauschten die Rechtsextremen ihre Demonstrationsanmelder aus.
Auch Oberbürgermeister Stephan Weil bekräftigte gestern, die Stadt Hannover halte „nichts von der Umzingelungsaktion“. Dennoch sieht Wertmüller „spontan keinen Anlass“, Konsequenzen aus der Kritik zu ziehen. Er wolle zunächst bereits anberaumte Gespräche mit der Polizei abwarten, sagte er der HAZ. Bei der Polizei ist man auch darüber verärgert, dass Kinder an dem ersten Blockadetraining hatten teilnehmen dürfen. Dies kritisierte gestern auch Wertmüller. Die Blockaden seien „kein Kinderspiel“.
Linke Kreise zeigten sich gestern erstaunt über die Kritik von Binias. Sie führen das Argument ins Feld, dass der Polizei Blockadeaktionen von Gegendemonstranten taktisch oft gut ins Konzept passten, weil sich damit auch der Abbruch von Demonstrationen der Neonazis begründen lasse. Auch in der Verfügung des Polizeipräsidenten zum Verbot der Nazi-Kundgebung spiele die Gefahr eines Zusammenstoßes zwischen Rechten und Linken eine große Rolle und diene als eines der Hauptargumente. Noch hat das Verwaltungsgericht keine Entscheidung über das Demoverbot gefällt.
– Neue Anmelder: Bei den beiden neuen Anmeldern der Nazi-Demonstration handelt es sich nach Informationen der HAZ um den jetzt in Nienburg lebenden Düsseldorfer Sven Skoda und Christian Müller aus Dresden. Beide sind den Behörden als rechte Aktivisten bekannt. So gilt Skoda linken Kreisen zufolge als einer der führenden Neonazis in Nordrhein-Westfalen – „mit bundesweiten Ambitionen“.
– Stadt stellt Kampagne vor: Im Rahmen ihrer Kampagne „Hannover steht auf – gegen rechts“ hat die Stadt in den vergangenen Tagen die Fußwege der Innenstadt sowie 330 Litfaßsäulen im Stadtgebiet mit Postern bekleben lassen. Vor Journalisten stellte Oberbürgermeister Stephan Weil gestern im Rathaus außerdem weitere Aktionen aus der Stadtgesellschaft vor.

Seite 13

This entry was posted in Presse. Bookmark the permalink.