HAZ-Kommentar zum Demoverbot: In der Falle

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover, eine Neonazi-Demonstration am 1. Mai auch nicht unter strengen Auflagen zuzulassen, lässt aufhorchen. Zwar hat es im Ergebnis ähnliche Urteile schon hier und da gegeben. Die Begründung aber stellt eine Zäsur dar: Erstmals stützt sich ein Gericht beim Verbot eines Aufmarsches von Rechtsextremisten nicht auf die zusätzlich von linksautonomen Störern ausgehende Gefahr. Schon die Neonazis als solche beschwören durch ihr massenhaftes Zusammenkommen nach Ansicht der Richter eine zum Verbot ausreichende Gefahr für Leib und Leben von Unbeteiligten herauf.
Diese düstere neue Einschätzung der Justiz haben die Rechtsradikalen selbst zu verantworten. Immer häufiger traten sogenannte Autonome Nationalisten in Erscheinung, immer häufiger gab es eine Hinwendung der Szene zum vielbeschworenen „Straßenkampf“. Der beinhaltet nicht nur offen zur Schau getragene Gewaltbereitschaft, sondern auch eine aggressive Werbung im Internet für die mit Macht gewollten Straßenschlachten. Die Zeiten, in denen die Neonazis in der Konfrontation mit der Staatsgewalt im Zweifel noch immer die Köpfe einzogen, sind passé. Der braune Nachwuchs verlangt Krawall. Bestürzende Beispiele lieferten die Vorfälle von Hamburg vor einem Jahr.
Niemand weiß bislang, ob das hannoversche Urteil in höheren Instanzen Bestand haben wird. Wenn es so käme, säßen die Nazis in einer Falle, die sie sich selbst gestellt haben. Niemand muss sich, wie der DGB, in gut gemeintem Eifer eigene Umzingelungs- oder Blockadeaktionen ausdenken. Wenn der Aufmarsch letztinstanzlich verboten ist, wird die Polizei ihn verhindern. FELIX HARBART

Seite 2

This entry was posted in Presse. Bookmark the permalink.