Landtag: Demonstrationen am 1. Mai 2009 in Hannover

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.09.2008; Fragestunde

Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Toepffer (CDU); Es gilt das gesprochene Wort!

Der Abgeordnete hatte gefragt:

Bei der Polizeidirektion Hannover soll ein Mitglied der NPD eine Demonstration für den 1. Mai 2009 mit bis zu 1 000 Teilnehmern angemeldet haben. Die Wegstrecke soll dabei vom Zentralen Omnibusbahnhof über den Klagesmarkt nach Linden führen.

Vor dem Hintergrund der erlebten Ausschreitungen zum 1. Mai 2008 in Hamburg rechnen niedersächsische Sicherheitsbehörden mit Konfrontationen und mit einem großen Einsatz an Polizeikräften. So veranstaltet der DGB auf dem Klagesmarkt traditionell seine Kundgebung zum Tag der Arbeit. In Hannover-Linden würde die Demonstration der NPD auf den Sternmarsch der Gewerkschaften treffen. Angesichts der Bevölkerungsstruktur in Linden könnte der Auftritt von Rechtsextremisten zudem weitere Provokationen auslösen.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Welche Erkenntnisse hat sie über den geschilderten Sachverhalt?
  2. Wie bewertet sie die Sicherheitslage angesichts der angeblich geplanten Demonstrationsroute?
  3. Wie kann sichergestellt werden, dass die Gewerkschaften ihre
    traditionellen Veranstaltungen zum 1. Mai 2009 an zentralen Orten in
    Hannover störungsfrei durchführen können?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Für den 01.05.2009 liegen der Polizeidirektion Hannover als Versammlungsbehörde für den Bereich der Landeshauptstadt Hannover mehrere Anmeldungen für Aufzüge bzw. Versammlungen vor.

So hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) seine traditionelle 1. Mai-Veranstaltung für die Region Niedersachsen-Mitte angemeldet. Wie in den vergangenen Jahren auch soll diese mit drei Sternmärschen, jeweils mit vorausgegangener Auftaktveranstaltung an den Startpunkten Lister Platz, Freizeitheim Linden und Freizeitheim Vahrenwald beginnen und von dort aus zum zentralen Veranstaltungsort am Klagesmarkt führen, wo ab 11.00 Uhr eine zentrale Kundgebung und anschließend ein Kulturprogramm geplant sind.

Über den gesamten Veranstaltungszeitraum am 1. Mai werden vom DGB ca. 20.000 Teilnehmer erwartet. Bereits am Vortage wird der DGB tagsüber und am Abend ebenfalls am Klagesmarkt Veranstaltungen mit Musikprogramm durchführen.

Seitens des Dennis Bührig aus Celle ist ebenfalls für den 01.05.2009, für die Zeit von 12.00 Uhr bis gegen 20.00 Uhr, in Hannover eine Versammlung unter freiem Himmel angemeldet worden.

Der Anmelder, der sich zugleich als Versammlungsleiter benannt hat, ist in Celle Mitglied einer der rechten Szene zuzuordnenden Kameradschaft und trat 2008 zur Wahl des Niedersächsischen Landtages im Wahlkreis 045 – Bergen – als Direktkandidat der NPD an.

Die Demonstration mit ca. 500 – 1000 erwarteten Teilnehmern soll unter dem Motto "Schluss mit Verarmung, Überfremdung und Meinungsdiktatur – Nationaler Sozialismus jetzt!!!" in Form eines Aufzuges vom Zentralen Omnibusbahnhof durch die Innenstadt und den Stadtteil Linden zurück zum Zentralen Omnibusbahnhof durchgeführt werden.

Hinsichtlich der mit den Anmeldungen des DGB und des Dennis Bührig geplanten Aufzugsrou-ten ist momentan festzustellen, dass sich Berührungspunkte im Bereich Elisenstraße (Linden) sowie am Klagesmarkt  / Goseriede, am dortigen Kreisel, ergeben oder ergeben können.

Des Weiteren liegen derzeit zehn weitere Versammlungs- bzw. Aufzugsanmeldungen vor, die sich gegen die von Dennis Bührig angemeldete Veranstaltung richten.

Die vorab angekündigten Routen der jeweiligen Aufzüge sind unterschiedlich, beziehen aber überwiegend den Klagesmarkt mit ein.

Weitergehende Erkenntnisse, insbesondere hinsichtlich Mobilisierung und ggf. beabsichtigten Konfrontationen aus Anlass der geplanten Demonstrationen, liegen der Polizei bisher nicht vor.

Erfahrungsgemäß ergibt sich eine belastbare Erkenntnislage erst in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu den Veranstaltungen.

Die Bekämpfung des Rechtsextremismus stellt einen Schwerpunkt der Arbeit der Landesregierung dar.

Durch präventive Aufklärungsarbeit, durch Beobachtung rechtsextremistischer Organisationen und durch das konsequente Handeln unserer Sicherheitsbehörden ist es in den letzten Jahren gelungen, einer Ausweitung rechtsextremistischen Gedankenguts erfolgreich entgegenzuwirken.

Trotz aller Fortschritte muss die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus unvermindert fortgesetzt werden. Diese Auseinandersetzung ist mit allen Mitteln des freiheitlichen demokratischen Rechtsstaats zu führen.

Die Landesregierung hat in diesem Zusammenhang bereits mehrfach betont, dass rechtsextremistische Demonstrationen eine schwer erträgliche Provokation sind, gleichwohl können sich deren Teilnehmer auch auf die Versammlungsfreiheit berufen. Eine Versammlung kann daher nicht allein aus dem Grund verboten werden, dass sie von Rechtsextremisten veranstaltet wird. Die Landesregierung wird aber mit Nachdruck jeglichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entgegen treten, die von einer solchen Veranstaltung ausgehen können.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Hinsichtlich der derzeitigen Erkenntnisse wird auf die Vorbemerkungen verwiesen.

Weitere Erkenntnisse werden unter anderem Kooperationsgespräche, die die Polizeidirektion Hannover mit den Versammlungsanmeldern durchzuführen hat, sowie die zwischenzeitlichen Aufklärungsmaßnahmen der Polizei und die Informationen der Verfassungsschutzbehörde erbringen.

Zu 2.:

Für eine Bewertung der Sicherheitslage am 1. Mai 2009 in Hannover ist es zu früh; eine solche ist erst mit aufwachsenden Erkenntnissen, insbesondere  unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Kooperationsgespräche möglich.

Zu 3.:

Als zuständige Versammlungsbehörde wird die Polizeidirektion Hannover alle versammlungsrechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, die zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich sind. Diese können je nach konkreter Rechts- und Tatsachenlage von beschränkenden Verfügungen bis hin zu einem Versammlungsverbot reichen.

Die Polizei wird dabei jederzeit eingebunden sein.

Verbindliche Aussagen zu den zu ergreifenden versammlungsrechtlichen Maßnahmen können derzeit aber noch nicht getroffen werden.

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